Wulff-Retabel

Ein großartiges Glaubenszeugnis der Mendener Bürger

Vincenz11UKBei der letzten Renovierung erhielt das Altarretabel des ehemaligen Hochaltars wieder seinen Standort in der Apsis unserer Kirche. Blickfang ist auch die alte, zeborstene Altarplatte, die unterhalb des Retabels angebracht ist.

Seit dem 15. Jahrhundert, also mehr als 450 Jahre lang, wurde auf der jetzt hochkant angebrachten Altarplatte aus Grünsandstein in st. Vincenz die Eucharistie (die Heilige Messe) gefeiert. Bevor die Kirche 1867 einen neugotischen Anbau erhielt, (Querschiffe, Seitenchöre, wo Tabernakel und Chororgel stehen, und Hauptchor), dürfte der Altar ursprünglich etwa dort gestanden haben, wo auch heute die Eucharistie gefeiert wird. An der Stelle der heutigen Vierung befand sich vorher der alte gotische Chorraum. Vor 140 Jahren hat man den ursprünglichen mittelalterlichen Altar, der aus Sockel, Platte (Mensa) und Retabelaufsatz bestand, sorgfältig abgebaut und in den neu angebauten Chorraum übertragen.

Als 1970 im Rahmen der liturgischen erneuerung der jetzige Altar errichtet wurde, verset´zte man das Retabel an die Turmwand. Seit 2006 steht es wieder an seinem alten Platz. er wurde mit der alten Altarmensa, in der oben das Reliquiengran sichtbar ist, in neuer Form wieder zusammengebracht. Die alten Reliquien wurden dem neuen Altar eingefügt. Im Gewölbe ist auf dem Schlusstein das hristussymbol des Osterlammes mit Siegesfahne abgebildet: „Seht, das Lamm Gottes, das die Sünden der Welt hinwegnimmt!“ (Joh 1,29)

450 Jahre lang haben die Priester auf der alten Altarmensa (lat. „Tisch“) die Hostie gebrochen – das eucharistische Brot – und es den Gläubigen mit dem Wort vom Lamm Gottes gezeigt und in er Kommunion gereicht. Im Laufe der Jahre ist die Mensa durch Witterungseinflüsse zerbrochen. Die alte Altarplatte ist selbst geworden wie das gebrochene Brot, wie die geöffnete Seitenwunde Jesu. Wir dürfen sie jetzt verstehen als Symbol für die Brüche im Leben der Menschen, im Leben der Gemeinde und für die Wunden unserer Zeit.

In einem Paderborner Weihnachtslied heißt es: „Menschen, die ihr wart verloren, lebet auf, erfreuet euch!“ (GL 834) und in einem anderen: Göttlicher Heiland, der Christenheit Haupt! Du gibst uns wieder, was Adam geraubt; schenkest uns dein Huld, sie tilgt die Sündenschuld – jedem, der glaubt.“ (GL 835, 2) Das soll die vergoldete Bruchstelle bildhaft ausdrücken.

In Jesus sind alle unsere Brüche angenommen, verwandelt, geheilt.

Gott kittet nicht, er übertüncht nicht, sondern er heilt. In der österlichen Bußzeit und in der Passionszeit beten wir:

„Durch seine (Christi) Wunden sind wir geheilt.“ (1 Petr 2, 24)

Wir hoffen, dass viele, die in St. Vincenz beten, mit dieser tröstenden Zusage wieder in ihren Alltag zurückkehren.

(Bernhard Brackhane, Pfarrer von 2000 – 2013)