Der Josefsaltar
Pfarrer J. Kemper schrieb diesen Beitrag für die Festschrift „Fünfzig Jahre Pfarrgemeinde St. Josef Lendringsen“ im Jahr 1960:
„Als zum 50-jährigen Jubiläum der Josefsgemeinde in Lendringsen bei verschiedenen Pfarrkindern der Wunsch nach einem Josefsaltar laut wurde, konnte nach langen Überlegungen mit dem Bildhauer P. G. Rautzenberg, Bensberg/Köln, die Lösung gefunden werden, wie wir sie heute vor uns sehen. Da der Altar Mittelpunkt und Blickfang des Seitenschiffes ist, konnte sich der Künstler nicht dazu verstehen, die Lösung in einer vertikal orientierten Figur des hl. Josef zu sehen.
Wie das Hauptchor der Kirche Mittelpunkt des gesamten Innenraumes ist, so brauchte man die Lösung in der Gestaltung der Stirnwand, wie sie jetzt ist. Die Verhältnisse des Bildwerkes zur Wandfläche und Raum waren dadurch gegeben.
Die Dreiteilung, durch Mittelstück und Seitenteile, erlaubten nicht nur, die Hauptfigur in Überlebensgroße, sondern auch einige Brennpunkte aus der großen Aufgabe, die Gott diesem Mann aufgegeben hatte, darzustellen: Pflegevater des Heilandes zu sein, den Gott in seinem Schutz und seine Hand gegeben hat.
Josef mit dem heranwachsenden Knaben: dem Vater -Sohn-Problem sollte Ausdruck gegeben werden durch die innige Verbundenheit der rechten Hände, durch die schutzgebende linke Hand auf der Schulter des Kindes. Wohl die vordringlichste Aufgabe, die den Vätern obliegt in der Erziehung der Knaben in den Jahren der Entwicklung zum Mann, wurde hier dargestellt.
Immer wieder tritt der hl. Josef auch in den Seitenbildern in Erscheinung. Schutz und Schirm der Jungfrau, die ihm vermählt war, im Stall zu Bethlehem, auf der Flucht nach Ägypten, auf der Suche und beim Wiederfinden im Tempel. Er übernimmt als Mann und Vater Sorgen, die eine Frau und Mutter nur schwer meistern kann. Alle fünf Bildwerke sind Symbol und Gleichnis. Es sollte durch sie zum Ausdruck gebracht werden, was alles den werdenden Eheleuten, zumal den Vätern bei der Erziehung ihrer Kinder an Fragen und Aufgaben entgegenkommt und wie diese in der vorsehungsgläubigen, dienenden und tapfer-gehorchenden Seelenhaltung des Pflegevaters Jesu eine christliche Lösung gefunden haben.
Das Material, farbiges Tonmosaik, modelliert, gemalt und im Feuer bei 1120 Grad gebrannt, aus vielen Stücken zusammengesetzt, kommt durch die handwerkliche Fuge der Glasmalerei am nächsten. Wie überhaupt die starke handwerkliche Betonung der Menschenhand ein absolutes Plus ist. Kunst ist kein Handwerk im gebräuchlichen Sinn, gebraucht aber alle Voraussetzungen technischer Art, um mit den Mitteln des Handwerks jenseitige, gesteigerte Gedanken zum Ausdruck zu bringen. Keine Wiedergabe der bloßen Natur, Komprimierung in Inhalt, Form und Ausdruck, Verdichtung ist die Kunst – Dichtung. Nicht Wiedergabe äußerer Schönheit, sondern der Wahrheit, die erst der christlichen Kultur das Vordringlichste war. Auch das Hässliche ist gut (nicht schön), wenn es wahr ist. Die Technik des „Tonmosaiks“, zu der vor zirka dreißig Jahren von dem Schöpfer des Altares die ersten Schritte getan wurden und die vor zirka vier Jahren erstmalig vollkommene Früchte trug, ist eine Bereicherung unserer künstlerischen Möglichkeiten in unseren älteren und neuen Kirchenbauten. Das verwendete Material ist ein ausgesprochenes Baumaterial für Innen- und Außenplastik. Unvergänglicher, anorganischer Stoff, sind Tonplastik und Tonscherben wie aus alten Ausgrabungen untrügliche Kulturzeugen der Menschheit.“
Der Bildzyklus befindet sich heute im Eingangsbereich der Kirche. An seinem ursprünglichen Platz hängt jetzt das Hausmannkreuz.