Magdalenenstatue
Eine eigens für unseren Kirchenraum geschaffene Bronze-Skulptur der heiligen Maria Magdalena (Nina Koch, 2005) zieht den Besucher der Kirche unwillkürlich in den Bann. Er begegnet der nach-österlichen Maria Magdalena, der von der Begegnung mit dem Auferstandenen Gezeichneten. Eine selbstbewusste Frau tritt ihm entgegen, eine aufrechte Frau, die Zeugnis ablegt für die radikale Veränderung, die den ganzen Menschen in der Begegnung mit der Liebe Gottes erfasst. Sie strahlt Würde aus, die Würde des von Gott geliebten Menschen.
Und so tritt sie dem Betrachter entgegen als eine Frau, die ihre Vergangenheit nicht leugnet: Mit Würde und Stolz trägt sie ihre Tränen der Reue und der Verzweiflung als kostbaren Schmuck, als Perle um den Hals. Das dynamische Wechselspiel zwischen Zerrissenheit und Gelassenheit spiegelt sich in der markant gestalteten Oberflächenstruktur der Statue wider. Im Vergleich zu der – jetzt die Magdalenenkapelle auf dem Friedhof bereichernden – ‚alten‘ Figur, die die büßende Magdalena zu Füßen Jesu darstellt, kann sich der Betrachter die Frage stellen: Was haben Glaube, Hoffnung und Liebe aus Maria Magdalena gemacht?
Eine Frage, die auf Antwort drängt, die den Betrachter in den Prozess des Glaubens, des Lebens mit dem gegenwärtigen Gott, hineinruft. Die Antwort lässt sich erahnen im Blick auf das Salb Gefäß, Zeichen für den großen Schatz der Liebe, den Maria Magdalena behutsam und stolz hütet: Maria Magdalena, die unbeirrt verschwenderisch Liebende. Wer sich diesem Geschehen öffnet, in dem wird vielleicht etwas wach von der tiefen Sehnsucht, die in allen mehr oder weniger verborgen steckt: der Sehnsucht, immer wieder aufzubrechen, um sich aufs Neue hineinziehen zu lassen in die Liebe Gottes, die jedem Menschen gilt. Der Betrachter kann erahnen, dass es hier auch um ihn selbst geht, um sein Leben, um seine eigene tägliche Gratwanderung zwischen Sünde und Heiligkeit.
Eine Spannung baut sich auf zwischen der kraftvollen, energiegeladenen Bewegung, mit der Maria Magdalena auf den Betrachter zuzuschreiten scheint, und ihrem ruhigen, entgrenzten Blick. Dieser ist gerichtet in die Weite des Lebens über den Tod hinaus, gerichtet aber auch in die Weite des Bewusstseins der Gegenwart Gottes im eigenen Inneren. Ihr mutiger Schritt ist sowohl ein Schritt in den inneren Frieden („Geh in Frieden“) als auch in die irdische Gemeinschaft der Kirche („Geh zu meinen Brüdern“). Jeder einzelne Schritt ist auf diesem Weg des Christseins wichtig, und jeder Schritt lässt sich wagen in der Sicherheit des Glaubens an die Gegenwart der Liebe Gottes.
Wenn wir den ersten Schritt vertrauensvoll gehen – so lehrt uns diese Maria Magdalena – wird er den nächsten nach sich ziehen, denn Gott selbst geht voller Liebe schon längst auf uns zu. Nichts ist ihm wichtiger, als uns – wie Maria Magdalena – in all unserer Schwäche und Unvollkommenheit an sich zu ziehen. Immer wieder erstrahlt die Figur in neuem Licht, immer neue Facetten leuchten auf. Eins ist allen gemeinsam: Maria Magdalenas Erfahrung möchte auch unsere Erfahrung werden, die uns zu unseren eigenen neuen Aufbrüchen bewegt – in Freundschaft mit Jesus Christus den Menschen entgegen! Trauen wir uns – wie Maria Magdalena …