Hungerjahre 1946/47
22 Wochen bis zum Kirchweih-Jubiläum
Die Jahre 1946/1947 waren regelrechte Hungerjahre. Immer wieder stand die Ernährungsfrage im Vordergrund. Die gesamte Versorgungslage der Bevölkerung war katastrophal. Die festgesetzte Kalorienmenge von 1550 kcal/Tag konnte lange nicht erreicht werden; in den meisten Städten des Ruhrgebiets lag sie unter 1000, und im übrigen Land selten über 1200.
Pater Braun notiert dazu in seinem Tagebuch:
Der Ausschuss für Gemeindenothilfe tagte Freitag, den 22. Februar (1946) bei Wirtschaft Lenze. Die Gelder sollten verteilt werden, die Bürgermeister Kissmer von den großen Wintersammlungen von der übergeordneten Behörde zurückerhalten hatte. Etwa 11.680 RM brachte er zur Aufteilung unter die einzelnen Wohlfahrtseinrichtungen mit. Es wurde beraten, wie die Aufteilung vorzunehmen sei. Man wurde sich bald einig, dass das dringendste Bedürfnis eine Gemeinschaftsküche sei und dass der größte Teil des Geldes hierfür verwandt werden solle. …. Man kam überein, etwa alle 3-Wochen wieder zusammenzukommen und über die weiteren Notstände gemeinsam zu beraten
Dienstag, den 05. März 1946
Gemeindenothilfe: Der Ausschuss trat zusammen und beriet über die Einführung einer Gemeinschaftsküche. Folgende Herren waren erschienen: Amtsbürgermeister, Ortsbürgermeister, Stellvertretender Amtsbürgermeister Schröder, die beiden Direktoren von Neuwalzwerk: Bongard und Wortelmann, Herr Pastor (Wiggen) und Pater Braun.
Über folgende Punkte wurde beraten:
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Soll eine Gemeinschaftsküche aufgemacht werden? Wurde ohne Debatte von allen als dringlich angesehen und angenommen.
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Materialbeschaffung:
- Esswaren: vorhanden sind etwa 80 Ztr. Sauerkraut und 20 Ztr. Stielmus;
- Heizmaterial für den Kochtopf: dafür will das Werk aufkommen.
- Räumlichkeiten zum Abholen und zum Einnehmen des Essens: das Werk will einen Teil des Fabrikgeländes abzäunen, eine Baracke als Empfangs- und Essensraum einrichten
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Wer darf die Gemeinschaftsküche benutzen? Durch eine Bekanntmachung soll die Eröffnung der Gemeinschaftsküche der Bevölkerung mitgeteilt werden. Daraufhin können sich die bedürftigen Leute melden. …..Jedenfalls muss die Gemeinschaftsküche für die äußersten Notfälle reserviert bleiben, da sonst wegen Materialknappheit die Aktion schon bald zum Stillstand gekommen sein wird.
Freitag, den 15. März 1946
Volksküche: Am Freitagmittag wurde zum ersten Male für 35 Mann je ¾ Liter Essen ausgegeben: Wibbelbohnensuppe für 35 Pfg. und gegen Abgabe von 5 gr. Fett- und 25 gr. Nährmittelmarken. In der Nacht vorher wurde in der Volksküche eingebrochen und etwa 1 Ztr. Wibbelbohnen und Kartoffeln gestohlen.
Dienstag, den 19. März 1946
Volksküche: kocht in dieser Woche für 65 Mann. Am Anfang der Woche war eine Haussammlung bei den Nichtbauern für die Volksküche. Eineinhalb Zentner Kartoffeln und sonstige Sachen kamen ein. Bis zum 13. Mai wurden 3.613 Essensportionen verabreicht.