Hungerjahre 1946/47 (Fortsetzung)

19 Wochen bis zum Kirchweih-Jubiläum

Pfarrer Judokus Schulte notiert in seinem Tagebuch unter dem 10.April1946 (Mi vor Palmsonntag):

„Die Ernährung der Bevölkerung ist mehr als kümmerlich. Seit Ende März ist das Brot gekürzt. Wir erhalten jetzt pro Tag und Kopf 170 g Brot. Viele Familien haben schon keine Kartoffeln mehr. Alles klagt und stöhnt über die Ernährung. Wie es jetzt ist, kann und darf es nicht lange dauern … In Amerika bekommt die Person noch über 3.000 Kalorien, bei uns etwa 1040. Wenn noch eines da wäre, Brot oder Kartoffeln, dass man wenigstens satt werden könnte, von Fett und Fleisch gar nicht zu reden, aber nichts als Steckrüben.
Es geht einem auf, was die Bitte bedeutet: Unser täglich‘ Brot gib uns heute.

Der Winter 1946/1947 war ein regelrechter Hungerwinter.

Der Schwarzmarkt blühte. Zigaretten waren die heimliche Schattenwährung.

Der Kölner Erzbischof Joseph Frings, der im Februar 1946 zum Kardinal erhoben worden war, rechtfertigte in der Silvesterpredigt 1946 den sich aus Not ergebenden Kohlenklau, der fortan wie andere kleine Diebstähle „fringsen“ genannt wurde; auch wenn die meisten den kompletten Wortlaut und den Kontext ausblendeten: „Wir leben in Zeiten, da in der Not auch der einzelne das wird nehmen dürfen, was er zur Erhaltung seines Lebens und seiner Gesundheit notwendig hat, wenn er es auf andere Weise durch seine Arbeit oder durch Bitte nicht erlangen kann“.

 

Am 11. Mai 1947 wurde eine doppelte Sommerzeit verordnet. Die Uhren wurden bis zum 29. Juni um eine weitere Stunde vorgestellt, um das Tageslicht noch besser auszunutzen. (Die „normale“ Sommerzeit ging vom 6. April bis 5. Oktober 1947).

Pfarrer Judokus Schulte in seinem Tagebuch dazu:

„11. Mai/Einführung der doppelten Sommerzeit

Heute wurde die Uhr nochmal eine Stunde vorgestellt, so dass wir jetzt 2 Stunden vor der Sonnenzeit leben. Man sollte einen solchen Blödsinn nicht für möglich halten. ….. Wenn es jetzt an der Uhr 12 Uhr mittags zeigt, dann ist es 10.00 Uhr morgens. Unmöglich wurde dadurch der Besuch der hl. Messe an den Werktagen durch die Kinder. Die Schule beginnt 8 Uhr, das ist 6 Uhr. Die Messe muss beginnen 7.10 Uhr, das ist 5.10 Uhr. Wer will da sein Kind in die hl. Messe schicken? Abends kann man nicht einschlafen, da die Sonne noch am Himmel steht, und dann die erbärmliche Ernährung.“